Thomas – unser Zwilling

Wir kennen die Szene: Der ungläubige Thomas, der einfach hätte mehr glauben müssen und der dafür von Jesus auch noch gemaßregelt wird. Doch ist dieser Thomas nicht wie wir? Er sagt, er glaube nur, was er mit eigenen Augen sieht. Geht es uns nicht oft genauso? Der Name Thomas bedeutet bekanntlich Zwilling. Ich finde, der biblische Thomas ist auch unser Zwilling.

Thomas will Jesus ganz nahe sein, will bei ihm bleiben. Als Jesus seinen bevorstehenden Tod ankündigt und den Jüngern sagt, dass er gehe, wohin auch sie einst kommen werden, da sagt Thomas: „Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“ und Jesus antwortet bekanntlich: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Thomas will bei Jesus bleiben.

Und bei der Auferweckung des Lazarus, als sich Jesus in Gefahr bringt, weil er sich zu sehr Jerusalem nähert und gefangen genommen werden könnte, da sagt Thomas zu den anderen Jüngern: „Dann lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben“ (Joh 11,16). Er will ganz bei Jesus bleiben.

Jedes Mal will dieser Thomas Jesus nahe sein, will nichts anderes als die ganz persönliche Beziehung zu ihm. Am meisten natürlich in der Szene nach der Auferstehung. Sie ist der Gipfelpunkt der Nähe. Denn was macht Jesus? „Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite“ (Joh 20,27). Er lässt sich berühren, öffnet sich – im wahrsten Sinn des Wortes. Und Thomas erkennt ihn als seinen Herrn und Gott. Für ihn ist nun klar: Dieser Jesus, dem ich bis zur Kreuzigung nach Jerusalem gefolgt bin, ist der Messias, der Christus.

Und Jesus verweist auf uns: Glücklich (oder selig) können diejenigen sein, die nicht gesehen haben, aber doch glauben werden (vgl. Joh 20,29). Das gilt uns. Auch uns ist er ganz nahe: in der Eucharistie, im Gebet, in uns selbst. Und dann vor allem in jedem Menschen, dem wir zum Nächsten werden, vor allem den Notleidenden, und für die wir so da sind wie Christus für uns.

Ich wünsche uns, dass wir diese Erfahrung ganz konkret in unserem Leben machen: Gott ist uns immer nahe, er bleibt bei uns!

 

(Geistlicher Tagesimpuls am 2. Sonntag der Osterzeit, 19.4.2020)

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