„Kommt mit! Mir nach!“

Evangelium

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Die Kirche weltweit feiert „Sonntag des Wortes Gottes“. In jeder Messe, in jedem Gottesdienst hören wir: Gottes Wort. Es gibt keine Liturgie, es gibt keinen Glauben ohne Gottes Wort. In diesem Jahr vor allem aus dem Markus-Evangelium. Hier hören wir wie in allen Evangelien von den ersten Jüngerberufungen am galiläischen Meer. Jesus geht am See entlang und ruft den vier Fischern, denen er begegnet zu: „Kommt mit! Mir nach! Ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Stellen wir uns einmal vor, wir haben einen Beruf, und da kommt jemand und sagt: Komm mit mir, ich gebe dir einen neuen Beruf: Ich mache dich zu einem Menschenfischer. Was würden wir da denken? Würden wir mitgehen? Würden wir alles hinschmeißen und ihm folgen? Letztlich entscheidend, ob wir ihm folgen, ist doch nur eins: ob wir dem, der uns das sagt, trauen; ob wir ihr oder ihm wirklich vertrauen. Wem sollen wir vertrauen?

Genau darum geht es hier. Markus stellt diese Szene an den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu, sein erstes Erscheinen nach seiner Taufe und der Versuchung in der Wüste; und Markus fast hier in diesem Beginn schon alles zusammen, was Jesu Wirken ausmacht: „Er verkündete das Evangelium Gottes und sprach:Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Das ist es. Das ist Jesu Botschaft in einem Satz zusammenfasst. Er „verkündet“ das Evangelium; das griechische Wort für „verkünden“ meint keine Lehre, keine katechetische Unterweisung, sondern die Bekanntgabe eines Ereignisses. Und was ist dieses Ereignis? „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe.“ „Zeit“ meint hier nicht die chronologische Zeit. Deshalb greift man auch zu kurz, wenn man, es bereits unmittelbar nach Jesus geschah, ihn allein als einen Endzeitpropheten deutet. Für Zeit steht im Griechischen hier „kairos“; das meint den entscheidenden Augenblick. Geht uns selbst oft so, dass wir spüren, jetzt ist ein Moment da, der wichtig ist, entscheidend für unser Leben, der unser Leben verändert?

Und Jesus fügt hinzu: „Kehrt um und glaubt dem Evangelium!“ In vielen Bibelübersetzungen, so z.B. in denen Martin Luthers, steht an dieser Stelle nicht „Kehrt um …!“, sondern Tut Buße und glaubt an das Evangelium! Wörtlich heißt es im Griechischen aber: Wendet euren Blick, dreht euch um, denkt anders, als ihr bisher gedacht habt!

Natürlich fällt einem, wenn man sein Leben bedenkt und umkehrt, bestimmt auch vieles ein, was man bereut und wofür man büßen muss. Aber hier ist mehr gemeint. „Umkehren“ meint hier: die Blickrichtung und den Weg unseres Lebens ändern. Und wohin sollen wir uns be-kehren? Am ehesten doch: Weg von der Enge und hin zur Weite, weg von der Kälte des Herzens und hin zur Wärme der Zuwendung, weg von der Angst um mich und hin zur Liebe.

Dieses Umkehren passiert, wenn wir dem Evanglium glauben, ihm vertrauen und Jesus vertrauen, der Gottes menschgewordenes Wort ist. Denn das Wort Gottes ist er, nicht nur das Buch, in dem seine Worte stehen. Mit „Wort Gottes“ tun sich heute viele schwer. In den Gottesdiensten sollen wir das „Wort Gottes“ hören, in der Bibel soll Gottes Wort stehen? Ja, aber nicht so, wie vielleicht manche denken, dass wortwörtlich, Buchstabe für Buchstabe, Gott diesen Text diktiert hat. Die Bibel ist ja nicht einfach vom Himmel gefallen. Die Bibel ist „Gotteswort im Menschenwort“, wie es das II. Vatikanische Konzil sehr schön gesagt hat. Über viele Jahrhunderte hinweg haben Menschen ihre Glaubenserfahrungen und Glaubensüberzeugungen niedergeschrieben. Und das, was sie da aufgeschrieben haben und später in die Bibel zusammengefasst wurde, das sind nicht nur Reportagen, Nachrichten, historischen Berichte. Es sind Glaubenserfahrungen, Erfahrungen, die sie mit ihrem Glauben an Jesus Christus gemacht haben Eben wie sie dem Evangelium vertrauen; Jesus als dem Wort Gottes vertrauen.

Und jetzt sind wir wieder beim Anfang, bei der Berufung. Früher meinte man ja und auch heute tun das noch einige, mit Berufung sei hier nur die Berufung in ein geistliches Amt gemeint. Aber wir alle sind berufen; jede und jeder von uns.

Wir alle sind berufen, ganz egal in welchem Beruf wir sind. Denn unsere Berufung ist unser Leben, und wie wir es führen. Jesus sagt zu uns allen: Kommt, folgt mir, ändert euer Leben, ich mache euch zu Menschenfischern“. Man kann das griechische Wort, das hier steht im dopellten Sinn des Genitivs lesen, also sowohl Fischer der Menschen, jemand der sie einsammelt, als auch Fischer für die Menschen, also jemand, der ihnen Nahrung gibt; nicht nur für ihren Leib, sondern für ihre Seele Nahrung gibt, also der ihnen hilft zu leben, indem er sie mit Jesus vertraut macht. Und ihnen hilft, dieses Vertrauen aufzubringen, Jesus zu folgen.

Wenn wir das Evangelium als Gottes Wort ernst nehmen und Jesus als dem menschgewordenen Wort Gottes wirklich vertrauen, dann erfahren wir: Wir werden befreit aus der Macht der Angst um uns selbst. Wir spüren: Du musst nicht in der Angst um dich selbst leben; du bist von Anfang bis Ende (und darüber hinaus) ganz von Gottes Liebe getragen. Wenn wir ihn, das Wort Gottes, ernst nehmen, und seinen Weg mitgehen, dann ist für uns wirklich das Reich Gottes schon hier nahe, das Leben in Fülle, das er uns verspricht.

 

(Predigt am 3. Sonntag im Jahreskreis B, 20.1.2024, Christkönig, Berlin-Lübars, und 21.1.2024, Maria Gnaden, Berlin-Hermsdorf)

Bild: privat

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